Zielgruppe: Marketer von Technologieprodukten, Konsumgütern und Dienstleistungen
Schwerpunkte: Konzept, Text, Layout und Verwertung von White Papers, Fallstudien als Sonderform
Learnings: Umfassende Kenntnisse für die Werbung mit White Papers und Fallstudien
2. Ausgabe vom 4. Februar 2014
Verfasser: Dr. Rainer Hastedt
Bezugsquelle: www.ghostwriting-service.de
E-Mail-Adresse: hastedt@dr-hastedt.de
Ein White Paper entsteht, ebenso wie eine Fallstudie, in drei Schritten: Konzept - Text - Layout.
Ich bespreche in diesem Kapitel ausschließlich den ersten Schritt (Konzept), der für ein White Paper sehr viel aufwändiger ist als für eine Fallstudie.
Für ein White Paper müssen Sie zunächst ein geeignetes Thema entwickeln. Außerdem müssen Sie die inhaltlichen Schwerpunkte, die Gedankenführung und die Kernaussagen festlegen.
Für eine Fallstudie sind dagegen das Thema und die Grundstruktur vorgegeben. Bei den inhaltlichen Schwerpunkten und Kernaussagen müssen Sie sich danach richten, welche Informationen der betreffende Kunde beisteuert und später zur Veröffentlichung freigibt (Einzelheiten dazu im Kapitel »Fallstudien im Sinne von White Papers«).
Für ein White Paper erleichtern und beschleunigen Sie den zweiten Schritt, die Texterstellung, wenn Sie bereits in der Konzeptphase festlegen, welche Abbildungen, Grafiken und Orientierungshilfen in das Dokument gehören und nach welchem Grundmuster die Seiten gestaltet werden sollen.
Für eine Fallstudie gilt dies in der Regel nicht. Es reicht gewöhnlich, wenn Sie die Fallstudie zunächst texten (zweiter Schritt) und erst danach überlegen, wie das Dokument visuell gestaltet werden soll.
Ein detailliertes, schriftlich ausgearbeitetes Konzept ist für jedes White-Paper-Projekt ein Muss, und zwar aus vier Gründen:
1. Projektsteuerung
Stellen Sie sich vor, Sie erläutern dem Texter Ihr White-Paper-Projekt und warten ab, bis der Texter die erste Fassung sendet, den Rohentwurf.
In diesem Fall müssen Sie damit rechnen, dass der Rohentwurf sehr stark von Ihren Vorstellungen abweicht. Der Texter hat viele Möglichkeiten, seinen Arbeitsauftrag zu erfüllen.
Was machen Sie, wenn Ihnen der Rohentwurf nicht gefällt, weil das White Paper Ihrer Ansicht nach andere Schwerpunkte haben sollte?
Das Überarbeiten eines Rohentwurfs kann ähnlich viel Zeit in Anspruch nehmen wie das Schreiben eines neuen Texts zum gleichen Thema. Eine größere Änderung, zum Beispiel bestimmte Passagen stark erweitern und andere deutlich kürzen, wäre daher relativ teuer.
Wahrscheinlich würden Sie unter diesen Umständen dazu neigen, Ihre Änderungswünsche auf das unbedingt Erforderliche zu beschränken. Dies liefe auf ein White Paper hinaus, mit dem Sie nicht voll zufrieden wären, vielleicht sogar unzufrieden.
Besser ist die zweistufige Auftragsvergabe, bei der Sie vom Texter als erstes Zwischenergebnis ein detailliertes Konzept erhalten:
Sie erläutern dem Texter zunächst Ihr Projekt und vergeben den Auftrag für das White Paper. Später prüfen Sie das vom Texter erarbeitete Konzept und verlangen gegebenenfalls Änderungen. Die von Ihnen genehmigte endgültige Version des Konzepts ist dann für beide Seiten verbindlich.
Das Konzept fungiert bei dieser Vorgehensweise als Steuerungsinstrument, mit dem Sie sicherstellen können, dass der Texter Ihre Vorstellungen bereits beim Verfassen des Rohentwurfs berücksichtigt.
In einem guten Konzept sind nur Punkte enthalten, mit denen sich der Texter sowieso auseinandersetzen sollte. Zusätzlicher Aufwand entsteht lediglich durch das Aufschreiben dieser Überlegungen.
Der Texter kann sein Konzept relativ leicht ändern. Die zweistufige Auftragsvergabe eröffnet daher die Möglichkeit, dem Texter klare Vorgaben zu machen, ohne hierfür bedeutende Mehrkosten in Kauf nehmen zu müssen.
2. Qualitätssicherung
Ein White Paper ist ein Werbetext, der den Lesern als Ratgeber dienen soll und hierzu praxisorientierte Informationen bietet - über eine für potenzielle Kunden bedeutsame Aufgabe, Herausforderung oder Geschäftsentscheidung.
Wer ein solches Werbemittel entwickeln will, muss unter anderem die folgenden Fragen klären:
Ein gutes Konzept beantwortet solche Fragen und zeigt auf diese Weise, dass dem White-Paper-Projekt ein tragfähiger Ansatz zugrunde liegt.
Sie können White Papers als Investitionsprojekte auffassen.
Durch ein Konzept erhalten Sie die Möglichkeit, die Qualität Ihres Projekts einzuschätzen und bei Bedarf auf Verbesserungen hinzuwirken, zum Beispiel auf eine geänderte Abgrenzung des Themas.
3. Konsensbildung
Ein White Paper soll den Standpunkt des Herausgebers vertreten, den Standpunkt des werbetreibenden Unternehmens.
Hierzu müssen die als Fachleute für das Thema oder als Genehmigungsinstanzen in das White-Paper-Projekt eingebundenen Mitarbeiter eine gemeinsame Linie finden. Dies kann schwer sein, wenn Mitarbeiter aus unterschiedlichen Funktionsbereichen ein Mitspracherecht haben.
Ein gutes Konzept bildet die ideale Gesprächsgrundlage für einen solchen Klärungsprozess. Hilfreich sind unter anderem die Angaben zur Werbewirkung und die Beschreibung der wichtigsten Leser.
4. Kooperation
Ein detailliertes Konzept kann stark dazu beitragen, dass der Auftraggeber mit dem Projektverlauf und dem späteren Endergebnis zufrieden ist.
Das Konzept gibt dem Auftraggeber erstens Sicherheit. Hierbei denke ich an die in der Regel bestehenden Zweifel an der Fähigkeit des Texters, mit dem im White Paper behandelten Spezialthema zurechtzukommen. Ein gutes Konzept entzieht solchen Zweifeln die Grundlage.
Durch das Konzept wird der Auftraggeber zweitens sehr stark in die Produktion des White Papers einbezogen. Der Texter muss für das Konzept zahlreiche Informationen beim Auftraggeber erfragen und sich mit dem erhaltenen Feedback auseinandersetzen, zum Beispiel Teile des Konzepts ändern oder erläutern.
Außerdem hat ein detailliertes Konzept für den Texter den Vorteil, dass spätere Einwendungen nach dem Schema »Das White Paper hatten wir uns aber ganz anders vorgestellt« weitgehend ausgeschlossen sind. Dies liegt an der mit dem Konzept verbundenen Klarstellung des Arbeitsauftrags.
Ich zeige in den folgenden Abschnitten, wie ein detailliertes White-Paper-Konzept entsteht:
Zuerst entwickeln Sie ein geeignetes Thema für das White Paper.
Anschließend beschreiben Sie einen idealtypischen Leser des White Papers und präzisieren dadurch das Thema. Der idealtypische Leser steht für die wichtigsten Leser des White Papers.
Danach beschaffen Sie Informationen für den Text des White Papers (schriftliche Quellen, Interviews) und klären offene Fragen.
Zum Schluss verarbeiten Sie die Vorüberlegungen und die zusammengetragenen Informationen zu einem schriftlichen White-Paper-Konzept.
Unter den potenziellen Kunden verstehe ich die Gesamtheit der Marktteilnehmer, für die das beworbene Produkt erschwinglich und zugleich bedarfsgerecht wäre.
Im Normalfall, den ich hier unterstelle, ist das Marktpotenzial nie zu hundert Prozent ausgeschöpft. Im Normalfall kauft nur ein Teil der potenziellen Kunden das Produkt tatsächlich.
Ein potenzieller Kunde kann viele Gründe haben, das Produkt nicht zu kaufen. Der Käufer könnte zum Beispiel seit Jahren zu den Kunden eines Konkurrenten gehören und mit dieser Geschäftsbeziehung sehr zufrieden sein.
Für ein White Paper interessieren auf Wissenslücken basierende Gründe für das Nicht-Zustandekommen von sinnvollen Kaufentscheidungen.
Ein White Paper ist daher für potenzielle Kunden, die das Produkt bislang nur deshalb nicht gekauft haben, weil sie über das Produkt gar nicht, unzureichend oder falsch informiert sind.
Den Ausgangspunkt bilden demnach Fragen der folgenden Art:
Die angegebenen Fragen zielen darauf ab, Wissenslücken bei den Käufern zu entdecken, deren Schließung absatzfördernd wäre.
Antworten auf solche Fragen haben Mitarbeiter, die im direkten Kundenkontakt stehen.
Zum Beispiel registrieren Verkäufer, was Kunden beim Kauf des Produkts für Fragen stellen und Mitarbeiter aus dem Kundenservice, was Kunden über das Produkt sagen.
Ich hatte bereits im Kapitel »White Papers als Werbemittel« das folgende, aus der IT-Branche stammende Phasenschema erläutert:
Auf dieser Basis ergeben sich drei Themengebiete:
Beispiel:
Das Produkt ist Brille X von Unternehmen A. Die Brille löst das Problem Kurzsichtigkeit.
Denkbare Lösungsansätze für das Problem sind a) eine Brille, b) Augentraining, c) eine Laser-Operation, d) Kontaktlinsen.
Angebote vergleichen kann heißen, sich für Brille X von Unternehmen A oder Brille Y von Konkurrent B zu entscheiden.
Im vorherigen Teilschritt wurden Wissenslücken bei den potenziellen Kunden ermittelt, zum Beispiel durch eine Befragung von Vertriebsmitarbeitern. Diesen Wissenslücken soll jetzt das passende Themengebiet zugeordnet werden:
Wissenslücke | Themengebiet |
1. ... 2. ... 3. ... 4. ... |
Die Zuordnung der Themengebiete soll Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den gefundenen Wissenslücken aufdecken:
1. Themengebiet (Problemerkenntnis)
Das Produkt ist dazu da, ein bestimmtes Kundenproblem zu lösen (zum Beispiel zu hohe Buchführungskosten senken oder Sicherheitslücken in der EDV schließen). Alle potenziellen Kunden haben dieses Problem. Manche unterschätzen aber das Ausmaß oder die Bedeutung des Problems, vielleicht sogar, weil sie bislang noch nicht darüber nachgedacht haben.
In diesem Fall zeigen potenzielle Kunden kein Interesse am Produkt, weil sie zu Unrecht davon ausgehen, mit dem Produkt nichts oder nur wenig anfangen zu können.
2. Themengebiet (Lösungsansätze)
Die potenziellen Kunden haben das Problem, das mit dem Produkt gelöst werden kann, überwiegend richtig erkannt. Viele wissen aber nicht, welcher Lösungsansatz für sie der beste ist.
Verdient der dem Produkt zugrunde liegende Lösungsansatz den Vorzug? Oder gibt es bessere Arten von Lösungen, die zum Beispiel einfacher oder billiger sind?
In diesem Fall wählen potenzielle Kunden - weil sie nur unzureichend informiert sind - häufig einen für sie weniger geeigneten Lösungsansatz, oder sie verschieben die Kaufentscheidung, um das Risiko eines Fehlkaufs auszuschließen.
3. Themengebiet (Angebote)
Auf dieser Stufe hat sich ein potenzieller Kunde bereits auf einen bestimmten Lösungsansatz festgelegt. Dem Käufer ist jetzt unklar, welches Angebot den Zuschlag verdient, entweder weil ihm wichtige Informationen fehlen oder weil er sich fragt, mit welchen Maßstäben er die Angebote vergleichen soll.
Welche Merkmale sind wichtig, welche sind überflüssig? Was rechtfertigt einen Aufpreis? Wie gut wird das Problem gelöst?
In diesem Fall könnte ein potenzieller Kunde ein Konkurrenzprodukt kaufen, obwohl das Produkt für seinen Bedarf den Vorzug verdient hätte. Oder er verschiebt den Kauf, bis er bessere Entscheidungsgrundlagen hat oder ein attraktiveres Angebot erhält.
Ein White Paper soll auf eines der drei Themengebiete fokussiert sein. Bedeutende Wissenslücken in zwei oder allen drei Themengebieten erfordern daher mehrere White Papers.
Durch die Wahl des Themengebiets legen Sie fest, wo das Thema des White Papers angesiedelt sein soll - im Themengebiet Problemerkenntnis, im Themengebiet Lösungsansätze oder im Themengebiet Angebote.
Für die Fokussierung auf jeweils ein Themengebiet sprechen vier Gründe:
Erstens erhöht eine relativ geringe Textlänge die Chancen, dass das White Paper gelesen wird. Dies gilt in besonderem Maße, wenn die Käufer Unternehmen, Behörden oder Non-Profit-Organisationen sind und die Leser das White Paper daher bei der Arbeit lesen sollen.
Die Fokussierung auf eines der drei Themengebiete verbessert die Möglichkeiten, das White Paper kurz zu halten und trotzdem den aus Lesersicht erforderlichen Nutzwert zu bieten.
Für ein White Paper liegt die optimale Textlänge in der Regel bei ungefähr vier bis zehn Seiten. Eine Seite besteht dabei aus 2.500 Zeichen (einschließlich der Leerzeichen).
Beispiel:
Ein White Paper hat nach der Zählung von Microsoft Word insgesamt 22.727 Zeichen, wobei die Leerzeichen mitgezählt sind. 22.727 geteilt durch 2.500 ergibt 9,0908 und damit rund 9 Seiten.
Eine Angabe wie 9,09 Seiten wäre hier nicht sinnvoll, weil die Zeichenzählung in Word inkonsistent ist; sie kann je nach Formatierung zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.
2.500 Zeichen (einschließlich der Leerzeichen) entsprechen in etwa einer Seite in Word bei Wahl der Standardeinstellungen. Für englischsprachige Texte lautet die Definition auf Basis von Word-Seiten mit Standardeinstellungen »eine Seite = 400 Wörter«.
Eine Berechnung auf Basis der Wörterzahl wäre für deutschsprachige Texte fragwürdig, weil Zusammensetzungen jeweils als einzelne Wörter gezählt werden (»White Paper Leitfaden« = drei Wörter und »White-Paper-Leitfaden« = ein Wort).
Zweitens sollten der Text und das Layout des White Papers übersichtlich gestaltet sein, weil viele Leser das Dokument aus Zeitmangel nur flüchtig oder selektiv lesen.
Die Fokussierung auf eines der drei Themengebiete erleichtert diese Aufgabe, weil die Anzahl der Kernaussagen und Schlüsselsätze durch die Schwerpunktbildung überschaubar bleiben kann.
Drittens hat ein thematisch breit angelegtes White Paper den Nachteil, vielen Lesern neben Nützlichem auch Überflüssiges zu bieten.
Die Fokussierung auf eines der drei Themengebiete trägt dazu bei, den Informationsbedarf der Leser möglichst genau zu treffen.
Viertens sind Sie bei der Verwertung flexibler, wenn Sie anstelle eines thematisch breit angelegten White Papers mehrere eng fokussierte White Papers erstellen, die Sie auch zeitlich gestaffelt veröffentlichen können.
Wichtig:
Das gewählte Themengebiet darf nicht als starre Grenze missverstanden werden. Mit der Auswahl des Themengebiets entscheiden Sie lediglich über den inhaltlichen Schwerpunkt.
Zum Beispiel wird ein White Paper aus dem Themengebiet »Problemerkenntnis« auch kurze Hinweise zur Lösung des Problems geben, weil die Leser an das (auf indirekte Weise) beworbene Produkt herangeführt werden sollen.
Ich habe bislang drei Teilschritte behandelt:
1. Wissenslücken bei den Nachfragern ermitteln, deren Schließung absatzfördernd wäre.
2. Jeder gefundenen Wissenslücke das entsprechende Themengebiet zuordnen (Problemerkenntnis, Lösungsansätze, Angebote).
3. Das Themengebiet festlegen, auf das das White Paper fokussiert sein soll.
Das Thema des White Papers wird jetzt so abgegrenzt, dass es zwei Bedingungen erfüllt:
Die zweite Anforderung stellt sicher, dass das Thema das Leserinteresse trifft. Das White Paper soll den Lesern als Ratgeber dienen.
Im einfachsten Fall können die im gewählten Themengebiet liegenden Wissenslücken bereits mit einem White Paper abgedeckt werden - und zwar deshalb, weil es ein geeignetes Thema gibt.
Das Thema ist eine für potenzielle Kunden bedeutsame Aufgabe, Herausforderung oder Geschäftsentscheidung (großer Kreis im obigen Diagramm). Die im gewählten Themengebiet liegenden Wissenslücken der Nachfrager sind durch den kleinen Kreis dargestellt.
Im einfachsten Fall bildet das Thema den Rahmen, der dem Texter die Gelegenheit gibt, alle im gewählten Themengebiet liegenden Wissenslücken zu schließen.
Die im gewählten Themengebiet liegenden Wissenslücken der Nachfrager können häufig nur mit zwei White Papers abgedeckt werden:
Keines der beiden Themen reicht im obigen Diagramm allein, die durch den kleinen Kreis dargestellten Wissenslücken abzudecken. Dies kann vorkommen, wenn die Kunden arbeitsteilige Organisationen sind.
Sie wollen zum Beispiel den Lösungsansatz, der Ihrem Produkt zugrunde liegt, umfassend erläutern. Hierzu publizieren Sie ein White Paper, das sehr detailliert auf die technischen Aspekte des Lösungsansatzes eingeht (für technische Fachkräfte) und ein White Paper über die wirtschaftlichen Vorteile des Lösungsansatzes, das in erster Linie hochrangige Führungskräfte ansprechen soll.
Die White Papers sind unterschiedlich fokussiert, um die interne Arbeitsteilung der Käufer zu berücksichtigen. Trotzdem gibt es Überschneidungen zwischen den beiden White Papers (im Diagramm dargestellt als Schnittmenge der beiden großen Kreise).
Ich werde jetzt die Abgrenzung von White-Paper-Themen anhand eines Beispiels erläutern.
Wichtig dabei sind zwei Punkte:
Als Beispiel dient ein Produkt, das aufgrund seiner besonderen Eigenschaften wesentlich teurer ist als jedes Konkurrenzprodukt. Die weitaus meisten Nachfrager kaufen Konkurrenzprodukte, obwohl dies in vielen Fällen eine fragwürdige Entscheidung ist. Der Grund: fehlendes Wissen über den Wert der Alleinstellungsmerkmale des Produkts.
Naheliegend wäre eine Kundenbroschüre für den Angebotsvergleich. Das White Paper würde erläutern, welche Gesichtspunkte die Leser bei ihrer Kaufentscheidung berücksichtigen sollten und dadurch verdeutlichen, dass das Produkt trotz seines hohen Preises für viele Käufer eine sehr gute Wahl ist.
Ein solches White Paper kommt infrage, wenn die Käufer Privatkunden sind oder Geschäftskunden, denen Erfahrungen mit vergleichbaren Produkten fehlen.
In meinem Beispiel haben die Käufer allerdings einschlägiges Know-how, weil sie vergleichbare Produkte kennen und häufig Verträge mit Lieferanten schließen. Eine Kundenbroschüre für den Angebotsvergleich würde in diesem Fall darauf hinauslaufen, Fachleute wie Laien zu behandeln.
In vielen Unternehmen, die bislang Konkurrenzprodukte gekauft haben, gibt es Fachleute, die den Wert des Produkts richtig einschätzen und sogar seinen Kauf empfehlen. Die Fachleute können jedoch nicht allein über den Kauf entscheiden. Manchmal scheitert der Kauf des Produkts nur deshalb, weil den Fachleuten die nötige Überzeugungskraft fehlt.
Alle beteiligten Mitarbeiter sind sich einig: Das Produkt ist wirklich besser. Viele halten ein Billigprodukt aber für wirtschaftlicher.
Bei dieser Konstellation ist ein White Paper sinnvoll, das beschreibt, wie man das Problem mit Hilfe des Produkts löst und welchen praktischen Nutzen dabei die besonderen Merkmale haben, die den hohen Produktpreis begründen.
Ein solches White Paper hat in meinem Beispiel die gleiche Funktion wie eine Kundenbroschüre zum Angebotsvergleich: Das White Paper soll den Wert der Alleinstellungsmerkmale verdeutlichen.
Ein White Paper über die Lösung des Problems mit Hilfe des Produkts könnte auch andere Arten von Wissenslücken schließen:
Erstens bietet ein solches Thema die Möglichkeit, die Praxistauglichkeit des Produkts zu belegen.
Stellen Sie sich vor, das Produkt wäre eine Software, bei der viele Nachfrager daran zweifeln, ob sie mächtig genug ist, bestimmte Aufgaben zufriedenstellend zu erfüllen. Das White Paper könnte aufzeigen, wie die Software bei diesen Aufgaben hilft und worin die besonderen Vorteile der Software liegen.
Die Praxistauglichkeit lässt sich gewöhnlich besser mit Hilfe von Fallstudien belegen (Näheres dazu im Kapitel »Fallstudien im Sinne von White Papers«). Es könnte daher sein, dass das White Paper über die Einsatzmöglichkeiten und Vorteile der Software durch passende Fallstudien ergänzt werden sollte.
Zweitens kann ein White Paper über die Lösung des Problems mit Hilfe des Produkts die Kompetenz des Unternehmens belegen.
Mit dem White Paper lässt sich zeigen, dass das Unternehmen das eigene Produkt sehr gut versteht und die Anwender realistisch einschätzt. Dies kann wichtig sein, wenn viele Nachfrager ihre Kaufentscheidungen von der Qualität des Supports abhängig machen.
Wie das im vorherigen Teilschritt abgegrenzte Thema behandelt werden sollte, hängt stark davon ab, welche Leser Sie mit dem White Paper ansprechen wollen und wie Sie diese Leser einschätzen.
Die Beschreibung dieser Leser führt somit zu einer Präzisierung des Themas.
Ich nenne die Leser, die Sie mit dem White Paper ansprechen wollen, die wichtigsten Leser und bezeichne einen als typisch angesehenen Vertreter dieser Lesergruppe als idealtypischen Leser.
Die Unterscheidung zwischen den wichtigsten und den idealtypischen Lesern ist erforderlich, weil die Gruppe der wichtigsten Leser aus Individuen besteht, die alle ihre Besonderheiten haben. Ich mache mir daher ein Bild von den wichtigsten Lesern, indem ich versuche, mir einen typischen Vertreter dieser Gruppe vorzustellen.
Ein idealtypischer Leser kann eine reale Person sein oder nur in meiner Phantasie existieren, vergleichbar mit dem Durchschnittsbürger, von dem niemand weiß, wo er wohnt.
Im Privatkundengeschäft gehören die wichtigsten Leser zu den potenziellen Kunden und damit zur Zielgruppe für das Produkt. Privatkunden kaufen das Produkt auf eigene Rechnung, für sich oder ihre Familie.
Im Privatkundengeschäft ist es gewöhnlich das Beste, die wichtigsten Leser mit einem bedeutenden Marktsegment gleichzusetzen.
Beispiel:
Ein Hersteller von Sportschuhen orientiert sich beim Produktdesign und der Marktkommunikation am Geschmack von modebewussten Sechzehnjährigen aus amerikanischen Großstädten.
Die meisten Käufer der Sportschuhe sind älter als sechzehn, zum Teil sogar wesentlich älter. Viele davon leben auf dem Land und nicht in der Großstadt.
Für den Hersteller ist die Gruppe der modebewussten Sechzehnjährigen aus amerikanischen Großstädten nicht die umsatzstärkste. Sie ist für den Hersteller maßgeblich, weil sie starken Einfluss auf die Schuhmode hat. Sportschuhe, die bei Trendsettern ankommen, verkaufen sich gut.
Im Geschäft mit arbeitsteiligen Organisationen (Unternehmen, Behörden oder Non-Profit-Organisationen) gehören die wichtigsten Leser zu den Mitarbeitern von potenziellen Kunden. Wenn die Zielgruppe für das Produkt zum Beispiel aus Automobilherstellern besteht, soll das White Paper unter anderem von Mitarbeitern der BMW AG gelesen werden.
Arbeitsteilung bedeutet,
Zur Gruppe der wichtigsten Leser können nur Mitarbeiter gehören, die Ihrer Ansicht nach einen starken Einfluss auf die Kaufentscheidung haben.
Bei Kunden in Form von arbeitsteiligen Organisationen bietet sich an, die Mitarbeiter nach ihrer Funktion einzuteilen, zum Beispiel Controller, Vorstände, CIOs oder Marketing-Direktoren. Die Bestimmung der wichtigsten Leser (und damit auch der idealtypischen Leser) läuft somit über die Beschreibung der Aufgabenbereiche.
Die wichtigsten Leser müssen nicht unbedingt daran interessiert sein, das White Paper zu downloaden. Das White Paper kann zum Beispiel von technischen Fachkräften heruntergeladen werden, um Vorgesetzte vom Kauf des Produkts zu überzeugen. In diesem Fall sind die Vorgesetzten die wichtigsten Leser.
In arbeitsteiligen Organisationen sind die wichtigsten Leser spezialisiert. Die wichtigsten Leser können in der Regel jedoch nicht allein über den Kauf des Produkts entscheiden.
Das White Paper soll daher auf den Informationsbedarf der wichtigsten Leser zugeschnitten sein - ohne hierdurch Leser aus anderen Funktionsbereichen auszugrenzen.
Zum Beispiel sollte ein technisches White Paper, das IT-Verantwortliche über die Anwendungsmöglichkeiten von teuren Software-Produkten informiert, auch einem kaufmännischen Geschäftsführer als Informationsquelle dienen können. Viele Entscheider begnügen sich nicht damit, Vorschläge von Kollegen oder Untergebenen einfach nur abzunicken.
Trotzdem muss das technische White Paper in fachlicher Hinsicht erstklassig sein, damit es von IT-Verantwortlichen als Entscheidungshilfe akzeptiert wird. Dies erfordert detaillierte Informationen und Fachsprache - verbunden mit ausreichenden Erklärungen, damit auch andere Leser verstehen können, was gemeint ist.
Das White Paper muss den fachlichen Anforderungen der wichtigsten Leser genügen und zugleich allgemeinverständlich sein.
Beide Anforderungen sind kompatibel. Gute Erläuterungen und Definitionen können fachkundige Leser von der Qualität des White Papers überzeugen (»Kenne ich, aber gut erklärt. Die verstehen was von der Sache!«).
Nachdem feststeht, wer die wichtigsten Leser sind, beschreiben Sie einen typischen Vertreter dieser Gruppe, einen idealtypischen Leser.
Je klarer dieses Bild, desto sicherer können Sie entscheiden, was in das White Paper gehört und was nicht.
Die folgende Checkliste soll dabei helfen, die für das Projekt bedeutenden Merkmale eines idealtypischen Lesers zu erfassen. Alle in der Checkliste enthaltenen Punkte sind lediglich als Anregungen zu verstehen.
Zur Checkliste gehören Punkte, die eher für das Geschäft mit Privatkunden von Bedeutung sind und solche, die normalerweise nur von Interesse sind, wenn es um Geschäftskunden geht.
Sie nutzen die Checkliste zweckmäßig, indem Sie alle Punkte durchgehen und dort Angaben machen, wo Ihnen dies für Ihr Projekt sinnvoll erscheint:
1. Demografische Merkmale
2. Berufsleben
3. Einstellung zum Produkt
Vorurteile sollten Sie im White Paper so weit wie möglich entkräften, zum Beispiel auf indirekte Weise durch Hintergrundinformationen.
4. Einstellung zum Thema des White Papers
Die im White Paper vertretenen Ansichten und die Ansichten eines idealtypischen Lesers sollten möglichst gut zusammenpassen.
Für abweichende Ansichten brauchen Sie gute Begründungen.
5. Vorkenntnisse
Welche Vorkenntnisse hat ein idealtypischer Leser, bezogen auf das Thema des White Papers?
Das White Paper darf einen idealtypischen Leser nicht unterfordern. Die Inhalte des White Papers müssen für den idealtypischen Leser interessant sein.
6. Zusätzliche Leseanreize
Das Thema (die im White Paper zu behandelnde Aufgabe, Herausforderung oder Geschäftsentscheidung) ist für einen idealtypischen Leser bedeutsam, weil das Leserinteresse bereits bei der Themenwahl berücksichtigt wurde, im vierten Teilschritt.
Ein idealtypischer Leser kann jedoch weitere Gründe haben, einem White Paper zum gewählten Thema seine Aufmerksamkeit zu schenken.
7. Leseverhalten
Stellen Sie sich vor, ein idealtypischer Leser würde das White Paper nicht nur kurz überfliegen, sondern komplett lesen:
Wie intensiv würde sich der idealtypische Leser in diesem Fall mit dem Dokument auseinandersetzen?
Ein White Paper zum Themengebiet »Problemerkenntnis« wird eher locker gelesen, ähnlich wie ein Artikel aus einer Publikumszeitschrift. Der idealtypische Leser hält das Problem zurzeit noch für unbedeutend oder nichtexistent und sieht daher keinen Anlass, sich mit dem White Paper intensiv zu beschäftigen.
Ein technisches White Paper zum Themengebiet »Lösungsansätze« wird möglicherweise sehr intensiv gelesen. Der idealtypische Leser will detaillierte Informationen, die ihm dabei helfen, seine Fragen zu beantworten. Hiermit geht die Bereitschaft einher, wichtige Einzelheiten zu verstehen und über das Thema gründlich nachzudenken.
Nachdem das Thema feststeht und ein idealtypischer Leser beschrieben ist, folgt die Informationsbeschaffung für den Text des White Papers, die normalerweise zu den Aufgaben des Texters gehört.
Der Texter sucht zuerst nach schriftlichen Quellen. Hierzu fragt der Texter den Auftraggeber nach vorhandenen Materialien und Hinweisen für die weitere Suche.
Für ein White-Paper-Projekt interessieren insbesondere die folgenden schriftlichen Quellen, deren Stellenwert je nach Thema sehr unterschiedlich sein kann:
Der Texter sichtet das gefundene Material und befragt danach Unternehmensangehörige. Hierbei kann es um ausführliche Interviews gehen, um kurze Nachfragen zu einzelnen Punkten oder um beides, abhängig vom Thema und dem schriftlichen Quellenmaterial.
Denkbar ist zum Beispiel der folgende Ablauf:
Alle Interviews können per E-Mail, per Telefon oder als persönliche Gespräche stattfinden. Am einfachsten für den Texter ist der Austausch per E-Mail.
Der Kommunikationsweg »E-Mail« eignet sich für White-Paper-Interviews, weil es hier um Auskünfte zu fachlichen Fragen geht. Fallstudien erfordern dagegen Interviews in Form von Telefonaten oder persönlichen Gesprächen (Näheres dazu im Kapitel »Fallstudien im Sinne von White Papers«).
Der Texter muss für ein White Paper zahlreiche Fragen stellen. Um die Geduld seiner Ansprechpartner zu schonen, sollte sich der Texter auf Fragen beschränken, die er nicht mit Hilfe seiner schriftlichen Quellen beantworten kann.
Welche Fragen der Texter für das White Paper stellen muss, hängt stark davon ab, wie weit das schriftliche Quellenmaterial das Thema abdeckt und wie gut der Texter mit den zusammengetragenen Informationen zurechtkommt.
Der Texter muss alle für das White Paper erforderlichen Informationen beschaffen. Der Texter kann daher auch vor der Aufgabe stehen, durch passende Fragen das Thema und die wichtigsten Leser genauer zu bestimmen als bisher geschehen.
Beispiele für Interviewfragen:
Die beschriebenen Vorarbeiten ermöglichen dem Texter, einen detaillierten Plan für sein White Paper zu verfassen.
In das Konzept gehören Angaben zum Kommunikationsziel, zum Thema, zu den wichtigsten Lesern, zum Inhalt und zum Layout:
(1) Das Kommunikationsziel
(2) Das Thema
(3) Die wichtigsten Leser
(4) Der Inhalt
(5) Das Layout
Das vollständig ausgearbeitete Konzept ist das erste Zwischenergebnis des Texters.
Der Auftraggeber hat jetzt die Aufgabe, das Konzept zu prüfen und gegebenenfalls Änderungswünsche zu äußern.
Sobald das Unternehmen das Konzept genehmigt hat, folgt der zweite Schritt, die Texterstellung, die mit dem Schreiben des Rohentwurfs beginnt.
Das liberale Propaganda-Handbuch, Taschenbuch, 382 Seiten
Einführung in die Statistik-Software R Commander
Business Cases für den Verkauf
Fachliteratur suchen mit Google Scholar, WorldCat etc. pp.
Ghostwriter für Dissertationen, Bachelor- und Masterarbeiten
Wissenschaftliches Ghostwriting
Content-Marketing mit White Papers für Start-up-Unternehmen im B2B-Geschäft
1. White Papers als Werbemittel
2. Fallstudien im Sinne von White Papers
Warum White Papers im B2B-Geschäft häufig wirkungsvoller sind als klassische Werbung
Lead-Management im B2B-Geschäft - warum und wie?
White Papers erstellen - von der Themenwahl bis zum Layout